Worum geht es bei Headliner und eurem Ansatz, Journalismus auf die Bühne zu bringen
Christine Liehr: Wir folgen der Definition des internationalen Live-Journalismus-Netzwerks. Und da geht es um Showproduktionen, bei denen Reporter:innen ihre Recherchen vor Live-Publikum präsentieren, angereichert mit künstlerischen Elementen.
Und das betreibt ihr als Firma kommerziell?
Christine Liehr: Wir sind eine gUG, eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft. Bei der Gründung haben wir in andere Kunstbereiche geblickt, wie zum Beispiel das Theater in Deutschland. Da werden die Tickets zu 80 Prozent subventioniert. Deshalb wussten wir: Ganz ohne Förderung wird es in den ersten Jahren nicht gehen. Aber wir wollen Ticketeinnahmen, Lizenzierungen und auch das Sponsoring stärken, um möglichst unabhängig von Fördergeldern agieren zu können.
Wie kam es zur Gründung von Headliner?
Jochen Markett: Da muss man ins Jahr 2016 zurückgehen, als wir den ersten Reporter Slam veranstaltet haben. Wir haben damals einen Weg gesucht, Unterhaltung mit Journalismus zu verbinden, und eine Marktlücke erkannt. Nämlich, dass es in Deutschland zwar schon viele Poetry Slams und Science Slams gibt, aber nichts dergleichen für den Medienbereich. Wir haben uns gedacht, dass es dafür doch ein Format geben müsste, weil es ja naheliegend ist, dass Journalist:innen gute Storyteller sein sollten. Wir haben dann beschlossen, dass wir das einfach selbst machen. Also haben wir im November 2016 eine Location in Berlin gemietet: das Prachtwerk, ein Coworking-Café mit kleiner Bühne in Neukölln. Wir haben aus dem Freundeskreis heraus mehrere Slammer:innen rekrutiert, ein bisschen Werbung gemacht und hatten ein volles Haus mit 130 Leuten – was uns sehr ermuntert hat, dieses Format fortzuführen. Wir haben jedes Jahr ungefähr sechs bis sieben Reporter Slams gemacht und für die Formalia eine GbR gegründet. Wir hatten noch keinen wirklichen Businessplan, sondern brauchten eine Firma, mit der wir Ticketeinnahmen und ähnliches verbuchen konnten. Wir haben diese Slams über Jahre mehr oder weniger als Hobby gemacht. Zwar relativ regelmäßig, aber wir wussten nicht so richtig, wie man damit Geld verdient. Im nächsten Schritt haben wir erste Kooperationspartner gewinnen können, über die wir dann eine Förderung für einzelne Slams hatten. Wir beschlossen, mehr Journalismus auf der Bühne zu machen als nur die Reporter Slams. Wir haben dann „Gute Besserung“ entwickelt, eine Show für konstruktiven Journalismus. Die haben wir in verschiedene Städte gebracht: Hamburg, Berlin, Düsseldorf. Es ging nicht mehr um einen unterhaltsamen Wettbewerb wie bei den Slams, sondern darum, lösungsorientierten Journalismus auf der Bühne zu präsentieren. Und in einer dieser Shows saß Christine Liehr im Publikum. Wir sprachen danach und stellten fest, dass wir sehr viele Anknüpfungspunkte in unseren Ideen hatten. Wir sind dann zusammen zur Live-Journalismus-Konferenz nach Finnland geflogen, haben uns von da an regelmäßig ausgetauscht und gemerkt, dass wir sehr gut zusammenarbeiten können in der Entwicklung von Live-Journalismus. Dann hat Christine ihren damaligen Job aufgegeben und wir haben im Mai 2023 gemeinsam mit Christoph Herms die Headliner gUG gegründet: als gemeinnütziges Unternehmen, das von vornherein viel klarer seine Vision formuliert hat, als es vorher bei der GbR jemals der Fall war. Das war der Professionalisierungsschritt, den wir zu dem Zeitpunkt gebraucht haben. Christoph als dritter Gesellschafter war vorher schon bei der GbR im Boot; der vorherige dritte Mitgesellschafter Andi Weiland zog damals mit seiner Familie ins Münsterland und stieg aus, blieb uns aber freundschaftlich verbunden. Die Headliner-Gründung ist also Kontinuität, aber auch ein Neuanfang mit zwei von drei Leuten und eben einer sehr wichtigen neuen Co-Geschäftsführerin.
Christine Liehr: Es war damals in Helsinki die erste internationale Live-Journalismus-Konferenz und ich konnte gar nicht glauben, dass im Jahr 2022 so etwas zum ersten Mal stattfindet. Bei uns allen sind im Kopf die Fenster und Türen aufgegangen, als wir die Berichte aus den anderen Ländern über Live- Journalismus gehört und die vollen Säle gesehen haben. Wir haben uns gefragt, wieso es das noch nicht in Deutschland gibt und eine Marktlücke gesehen. Die füllen wir jetzt mit Headliner. Wir sind dabei mit unseren zwei unterschiedlichen Formaten einzigartig in der internationalen Community. Unsere Kolleg:innen im Ausland konzentrieren sich dabei auf lediglich ein Magazin-Format, das sie auf Bühnen bringen. Es ist bei uns aus der Historie gewachsen, dass wir natürlich die Reporter Slams als starke Marke weitertragen. Und dass wir zusätzlich ab Herbst 2023 JIVE in Anlehnung an die Formate aus dem Ausland konzipiert und an den deutschen Kontext so angepasst haben, wie ein Bühnenmagazin bei uns aussehen kann.
Was wollt ihr damit erreichen?
Christine Liehr: Wir hatten von Anfang an eine hundertprozentige Übereinstimmung bei dem Antrieb, Journalismus wieder glaubwürdiger machen zu wollen. Und natürlich spielt bei unseren Bühnenshows die Kunst mit rein. Bei den Reporter Slams steht die Unterhaltung im Vordergrund. Und bei JIVE geht es auch ein wenig um eine Verzauberung, dass wir Menschen in andere Welten mitnehmen können und ihnen einen positiven Hoffnungsschimmer mitgeben. Aber letztendlich wollen wir die Nähe zwischen Journalist:innen und dem Publikum wieder herstellen. Es wurde uns auch gespiegelt, dass wir das tatsächlich schaffen: weil man eben diesen echten Menschen vor sich sieht. Und wir ermutigen die Journalist:innen auf der Bühne auch dazu, persönliche Einblicke zu geben, was sie wiederum nahbar für das Publikum macht. Das ist für uns ein Hauptziel.
Beobachtet ihr schon Effekte, die auf dieses Ziel einzahlen?
Christine Liehr: Die Premiere von JIVE im November 2023 in Berlin war sehr spezifisch – mit einer Sonderedition zum Oberthema „klimafreundliche Stadtentwicklung“. Wir sind jetzt im zweiten Jahr der thematisch bunt gemischten JIVE-Shows. Was wir sagen können: Journalismus wird den Leuten wieder nähergebracht, wenn man ein Thema über 20 Minuten auf der Bühne entwickeln kann, das eben nicht schwarz-weiß oder so einfach zu erzählen ist und die Komplexität sich eigentlich dadurch erst zeigt, wenn den Reporter:innen dieser Raum gegeben wird.
Wie würdet ihr die Zielgruppe von euren Formaten beschreiben?
Jochen Markett: Uns ist bei beiden Formaten sehr wichtig, Zielgruppen außerhalb der Medienbranche anzusprechen, was gleichzeitig aber auch schwieriger ist in der Vermarktung. Beide Formate richten sich erstmal an Menschen, die sich für gute journalistische Geschichten interessieren. Wir wollen aus der Medien-Bubble rauskommen und das gelingt uns zunehmend. Als wir mit den Reporter Slams angefangen haben, kamen ungefähr drei Viertel des Publikums aus der Medienbranche oder hatten unmittelbar mit ihr zu tun. Beim letzten Jahresfinale haben wir eine Umfrage gemacht und wollten wissen, wie sich das Publikum zusammensetzt. Da machte nur noch ein Viertel im weitesten Sinn was mit Medien. Die anderen 75 Prozent kamen aus allen möglichen Bereichen, vom Polizisten über Informatikerinnen bis hin zur Ärztin, also wirklich eine sehr breite Zielgruppe. Diese Diversifizierung finden wir gut. Bislang sprechen wir Menschen an, die informiert sein wollen und die sich für Journalismus interessieren, auch wenn sie nicht jeden Tag die klassische Zeitung aufschlagen. Um genauer verstehen zu können, für wen wir das genau machen und wen wir noch erreichen könnten, befinden wir uns in einem Prozess der Zuspitzung. Und da gibt es eben auch Unterschiede zwischen unseren beiden Formaten. Bei den Reporter Slams sind oft Menschen, die sich einfach für Unterhaltungsformate interessieren und auch mal zu einem Comedy- oder Kabarett-Abend gehen oder zu einem Poetry Slam. Die können wir auch klarer ansprechen.
Christine Liehr: Wir sehen, dass die meisten Besucher:innen bei JIVE noch aus dem Bildungsbürgertum kommen. Aber wir wollen auch anderen soziale Milieus ansprechen – und Leute, die oftmals als News-Avoider beschrieben werden oder sich von Medien abgewendet haben. Deswegen gehen wir auch in die Ansprache an Schulen und Sozialeinrichtungen. Wir vergeben einige gesponserte Tickets, um Schüler:innen anzusprechen oder eben auch benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Bei JIVE hat das schon sehr gut funktioniert. Wir hatten zum Beispiel einer Wohnungslosen-Tagesstätte in Schöneberg und einem Frauenhaus in Kreuzberg ein kleines Kontingent bereitgestellt. Die waren begeistert und haben uns wirklich schönes Feedback gegeben. Das Format funktioniert bei dieser Zielgruppe. Allerdings können sich diese Bevölkerungsgruppen in der Regel kein JIVE-Ticket zwischen 19 und 29 Euro leisten. Deshalb ist es auch gut, dass wir den gemeinnützigen Status haben und manche Karte querfinanzieren können.
Wie wichtig ist der Ort, an dem Live-Journalismus stattfindet?
Christine Liehr: Der Ort ist sehr wichtig. Zum einen wollen wir Kontinuität schaffen, also dass im Idealfall eine Produktionsstätte dafür steht, dass JIVE immer dort stattfindet. Das hilft einfach bei der Vermarktung und natürlich auch bei der Organisation der Shows. Es ist wichtig für uns, dass wir durch die Spielstätte auch Leute ansprechen, die halt eben keinen Journalismus-Bezug haben, sondern einfach darauf vertrauen, dass wir dort ein gutes Programm auf die Bühne stellen.
Jochen Markett: Das Marketing wird bei Kontinuität einfacher. Im Heimathafen Neukölln stieg jahrelang das Reporter-Slam-Jahresfinale, Da wussten wir, dass der Saal voll wird. Das gleiche gilt seit Jahren für das Treibhaus – ein wichtiger Kulturort in Innsbruck und die Hauptlocation vom dortigen Journalismusfest. Da ist jedes Mal der Laden ausverkauft. Aus Marketing-Sicht sind die Locations also sehr wichtig. Ich glaube aber schon, dass beide Formate auch an anderen Orten funktionieren – und das wollen wir auch beweisen. Wir haben hervorragende Slams an Orten veranstaltet, die keine klassischen Slam-Locations waren. Und es gibt zum Beispiel auch die JIVE Labs, also ausgekoppelte Einzelvorträge, die wir an Orte wie zum Beispiel zu Demokratiefesten auf dem Land in Brandenburg bringen. Auch eine Kulturscheune oder ein Tanzsaal können ein guter Platz für Live-Journalismus sein. Im Anschluss an die ersten JIVE Labs sind sehr intensive Gespräche entstanden. Es ist nur herausfordernder für uns als Produzenten, das Ganze zu vermarkten, wenn die Location nicht schon einen Riesenverteiler hat. Aber wo Menschen sich begegnen und wo es einen Ort gibt, der eine bühnenähnliche Einrichtung hat, ist Live-Journalismus möglich. Mit dieser Vision kann man wichtige Geschichten auch an ungewöhnliche Orte bringen.
Welche Reaktionen kommen aus dem Publikum eurer Shows?
Jochen Markett: Unsere Kolleg:innen in Finnland haben vor ein paar Jahren eine sehr umfangreiche Studie in ihrem Publikum gemacht. Die haben ein großes Handbuch erstellt, in das die Erkenntnisse aus dieser Publikumsbefragung eingeflossen sind. Auch wir haben damit begonnen, Feedback systematischer zu erfassen und können die Ergebnisse für uns nutzen, um Dinge zu verbessern. In unseren Feedback-Bögen sehen wir, dass sich bei vielen das Bild von Journalismus dank der Shows wandelt. Die Geschichten wirken sehr lange nach und die Leute können sich auch Wochen später noch an die Inhalte aus den Shows erinnern.
Christine Liehr: Es geht auch darum, die Glaubwürdigkeit zu stärken und die Bedeutung von Journalismus in unserer demokratischen Gesellschaft sichtbar zu machen – und im Idealfall, man darf ja mal träumen, auch wieder mehr junge Menschen darin zu bestärken, dass sie einen journalistischen Berufsweg einschlagen.
Wie sieht das aktuelle Finanzierungsmodell von Headliner aus?
Christine Liehr: Wir haben insgesamt vier Finanzierungssäulen. Uns war klar, dass es vor allem in den Anfangsjahren ohne Förderung nicht gehen wird, wahrscheinlich auch nie komplett ohne. Aktuell, das sind die Zahlen von 2024, machen Förderungen noch 85 Prozent aus: Wir haben sowohl Struktur- als auch Projektförderung erhalten. Bei der Projektförderung haben wir den Headliner Story Fund aufgesetzt, wo zum Beispiel die Madsack Stiftung, die Rudolf Augstein Stiftung oder jetzt die Zeit Stiftung Bucerius Fördergelder hineingeben, um ihre Schwerpunktthemen auf der Bühne zu fördern. Sei es eine tolle Lokalgeschichte, wie die Investigativ-Geschichte in der diesjährigen JIVE-Sommer-Produktion, oder ein Thema zur Pressefreiheit im kommenden November. Wir hoffen, den noch sehr hohen Prozentsatz der Förderung Schritt für Schritt auf 40 Prozent zu reduzieren und die anderen Säulen zu stärken. Künftig wollen wir erreichen, dass Sponsoring bei 30 Prozent steht sowie Ticketeinnahmen und Lizenzierung ebenfalls bei 30 Prozent. Das sind erst mal nur die Zahlen unseres Plans bis 2027.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung eurer Ideen?
Jochen Markett: Vor der größten Herausforderung stehen wir jetzt: Das ist der wirtschaftliche Schritt aus der Startphase in die Wachstumsphase. Wir haben bewiesen, dass unsere verschiedenen Formate funktionieren. Jetzt geht es darum, mit einem größeren Team das alles zu verstetigen. Dafür bräuchten wir eben jetzt die Finanzierung, um die regelmäßigen Produktionen zu schaffen und dann auch wieder die Ticketeinnahmen erhöhen zu können. Das ist eine große Herausforderung, vor der viele Start-ups stehen.
Christine Liehr: Was ich unterschätzt habe: Es ist in Deutschland besonders schwer, für neue Formate eine gewisse Begeisterung oder auch nur Interesse zu erzeugen. Das ist in Nachbarländern wie Frankreich einfacher, dort springen die Leute eher auf Innovationen oder kreative Formate auf. In Deutschland bleibt man eher ein bisschen reservierter.
Gibt es ein Learning, das ihr teilen könnt?
Christine Liehr: Wenn ich jetzt nochmal zwei Jahre zurückgehen könnte, würde ich viel mehr Fokus auf Social Media setzen, also gerade im Nachgang von Shows noch mehr Buzz erzeugen. Bei JIVE wollen wir zwar das Live-Momentum wahren. Die Leute sollen schon in die Spielstätten kommen, weil sich dann eben auch dieser Effekt der Nähe einstellt. Der entsteht nicht, wenn man sich eine Aufzeichnung ansieht. Aber es braucht natürlich diese Übersetzung ins Digitale, damit man einen Eindruck bekommt, was man verpasst hat. Wir haben noch Schwierigkeiten, JIVE zu beschreiben, weil es ein so neuartiges Format ist: weder journalistischer TED-Talk, noch Theaterstück; es ist auch kein Konzert und keine journalistische Comedy-Show. Kleine Videos helfen dabei, um den Leuten besser zu vermitteln, was wir eigentlich machen und erreichen wollen.
Jochen Markett: Beim lokalen TV-Sender Alex Berlin läuft der komplette Mitschnitt vom Reporter-Slam-Jahresfinale auch in der Mediathek immer sehr gut – auf niedrigerem Niveau, weil es ein kleiner, von der Medienanstalt Berlin Brandenburg geförderter Privatsender ist. Ob man daraus langfristige Schlüsse ziehen kann, weiß ich nicht.
Christine Liehr: Ich weiß aus meiner zehnjährigen Erfahrung in der Medienentwicklung, dass die Umsetzung der Projekte den Großteil der Zeit einnimmt. Da gleichzeitig noch den kommerziellen Wirtschaftsbetrieb hochzufahren, ist herausfordernd – aber einfach eine Parallelität, die man nicht auflösen kann.
Wie skalierbar sind denn die Headliner-Produkte?
Jochen Markett: Schauen wir auf die finnischen Kollegen: Eine „Black Box“-Show war in der Regel immer acht Mal in Helsinki zu sehen. Teilweise sind sie dann noch in andere Städte in Finnland gegangen. Jede Produktion ist bis zu 15 Mal im Land zu sehen gewesen. Da sieht man schon, dass so etwas nicht beliebig skalierbar ist. Aber jede Produktion konnte deutlich häufiger gezeigt werden als wir es jetzt machen. Aber eben mit der Einschränkung, dass dort alle Reporter:innen aus der Redaktion von Helsingin Sanomat kommen und dafür freigestellt werden. Bei JIVE standen zuletzt ausschließlich Freiberufler:innen auf der Bühne. Die müssen alle an den entsprechenden Terminen Zeit haben. Und so stößt man schon bei den Kapazitäten schnell an seine Grenzen. Die andere Option ist die Skalierung, mit jeder einzelnen Show direkt viel mehr Leute zu erreichen. Und wir sehen gerade ganz aktuell, dass unsere französischen Kolleg:innen im Oktober eine Show in einer neuen Location machen, in die 5.000 Leute reinpassen. Die haben schon bewiesen, dass sie regelmäßig 2.000 Besucher:innen bekommen und gehen jetzt den nächsten selbstbewussten Schritt. Auch in Deutschland gibt es solche Beispiele, wenn eine starke Marke dahintersteckt, die das auch entsprechend bewerben kann. Wie gerade das Live-Event vom Podcast „Zeit Verbrechen“, das vier große Arenen bespielt – in die Uber-Arena in Berlin passen etwa 17.000 Menschen.
Christine Liehr: Unsere Reporter Slams sind einfacher zu skalieren, weil sie in der Vorbereitung niedrigschwelliger sind. Wir sind gerade in Gesprächen, das Format als Franchise-Modell aufzubauen. Generell muss man aber zur Skalierung von Veranstaltungen sagen, dass man erstmal für jede einzelne Aufführung die Vortragenden, die Spielstätte, die Lichttechnik und alles andere wieder bezahlen muss. JIVE ist kein Produkt, das automatisch billiger wird, je öfter man es zeigt.
Sind eure Formate adaptierbar von Medienhäusern?
Christine Liehr: Grundsätzlich ja. Uns ist aber wichtig, dass Reporter Slam und JIVE unsere Headliner-Marken sind und deshalb auch gemeinsam mit uns umgesetzt werden sollen. Beim Slam gibt es bereits ein fertiges Modell. Wir haben einen erfolgreich erprobten Workshop, bei dem wir Reporter*innen eines Medienhauses live-journalistisches Handwerk vermitteln. Am Ende wird ein Reporter Slam auf die Bühne gebracht, der auf die Redaktion zugeschnitten ist. Bei JIVE können wir uns ähnlich kuratierte Shows gemeinsam mit einem Medienhaus vorstellen. Die Themen und die Vortragenden würden dann vom Kooperationspartner gestellt.
Was ist euer Tipp für Menschen, die ein Live-Journalismus-Format starten wollen?
Christine Liehr: Bei der Correctiv-Lokalkonferenz in Erfurt erzählte mir ein Teilnehmer, dass er nach meinem Panel zu Live-Journalismus vor einem Jahr selbst einfach so etwas in Aachen gestartet hat. Das lief wohl großartig und jetzt planen sie weiter. Deshalb würde ich erst mal sagen: einfach machen! Aber es steckt natürlich auch Arbeit dahinter, das wollen wir nicht leugnen. Und für kleinere Redaktionen und Verlage wäre immer gleich die monetäre Seite mitzudenken. Ich weiß von Lokalzeitungen, die das kostenlos gemacht haben und auch Spaß daran hatten, aber die Vertriebsseite nicht mitgedacht haben. Man muss von vorneherein auch mit einer betriebswirtschaftlichen Brille draufschauen.
Christine Liehr
Christine Liehr ist Mitgründerin von Headliner. Sie ist studierte Betriebswirtschaftlerin und Journalistin mit 13 Jahren Berufserfahrung im gemeinnützigen Sektor in Südostasien und Europa.
Jochen Markett
Jochen Markett ist Mitgründer von Headliner. Er ist Diplom-Journalist und seit 2006 Medientrainer u.a. auch für junge Journalist:innen. 2016 startete er die Reporter Slams.
Headliner
Die 2023 gegründete Headliner gUG ist ein als gemeinnützig anerkanntes Unternehmen von Christine Liehr, Jochen Markett und Christoph Herms. Headliner beschäftigt sich mit Live-Journalismus, das Portfolio umfasst vor allem die Journalismus-Show JIVE (eine Wortverschmelzung aus „Journalismus“ und „Live“) sowie das Format Reporter Slam.
Website: headliner.eu
